Aufklärung, das hat Immanuel Kant 1784 knapp formuliert, « ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit». Jetzt steht ein Paar Schuhe, laut Katalog «aus dem persönlichen Besitz des Philosophen», in einer Vitrine der Ausstellung «Die Kunst der Aufklärung», die seit Anfang April für ein Jahr lang im Nationalmuseum in Peking zu sehen ist.
Würde man von einem Maler die Schuhe ausstellen? Das ist das Problem der Ausstellung, die aber, so heisst es, von den Gastgebern zu genau diesem Thema gewünscht worden sei: Die Aufklärung ist ein Begriff der Philosophie, der Literatur, aber nicht der Kunst. Jedenfalls nicht in dem Sinne, wie es die Kunst der Renaissance, des Barock oder der Romantik ist, inklusive berühmter Namen und kapitaler Kunstwerke.
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Animierende Kunde
Bei einem ersten Blick durch die Pekinger Ausstellung bestätigt sich diese wahrlich nicht neue Feststellung wie von selbst. Da sieht man zum Beispiel auf einem Bild von Marie-Gabrielle Capet («Atelierszene», 1806) eine junge,
white gold heart necklace, weiss gekleidete Frau vor einer Staffelei sitzen, sie hält einen Stift oder Pinsel, der die Leinwand berührt. Hinter ihr steht ein Herr mit Perücke, der, bei Einsatz des Zeigefingers, Anweisungen für ein entstehendes Porträt zu geben scheint, andere Damen und Herren bevölkern den Raum. Das Bild, ein Gesellschaftsporträt, zu dem auch ein Selbstporträt der Malerin gehört, ist kein Meisterwerk der Malerei. Es hat keinen expliziten Charakter, wohl aber eine Botschaft: Indem es die Entstehung von Malerei zeigt, verbreitet es die animierende Kunde, dass man die Herstellung von Kunst lernen kann. Die Lust am Lernen, der Glaube an die Vernunft des Fortschritts und das in diesen Zusammenhängen erwachende Selbstbewusstsein des bürgerlichen Individuums und auch der Frauen: Diese Themen und Motive prägen die Kunst des 18. Jahrhunderts. Der Geist des «enlightenment», wie die Aufklärung im Englischen so anschaulich elektrisiert heisst, ist es, der, manchmal als animiertes Leuchten, gelegentlich auch als explodierender Funkenschlag, sichtbar wird. Er prägt die Ausstellung,
cartier rolling ring earrings, von belanglosen Passagen, zu denen auch ein Überangebot an Porträts gehört, einmal abgesehen.
Eine ebenso heiter wie selbstbewusst den Besucher anblickende junge Frau gibt den Ton vor, lädt ein in die Ausstellung. Sie sitzt mit übergeschlagenen Beinen auf einem Steinblock, trägt ein locker den Körper umspielendes Kleid in den Farben der französischen Trikolore, hat einen Arm aufgestützt. Viele junge chinesische Frauen lassen sich fotografieren vor dieser Heinrike Danneker, die, gemalt von ihrem Jugendfreund Christian Gottlieb Schick, auf eine sehr natürliche Weise sowohl die Ideale der Französischen Revolution wie auch einer aufgeklärten Emanzipation in ihrer Person vereinigt. Überhaupt ist der Begriff der Emanzipation als schönste Folge der Aufklärung das bestimmende Leitmotiv der Ausstellung,
cartier love bracelet yellow gold diamonds, die ihr Thema in neun Kapiteln in seinen Prämissen und Folgen ausbreitet. Dass dabei die Sektionen «Perspektiven des Wissens» mit dem Blick auf Entdeckungen in der Nähe sowie «Ferne und Nähe» mit der von Alexander von Humboldt personifizierten Fach- und Ländergrenzen überschreitenden Forschung besonders attraktiv sind, versteht sich fast von selbst.
Natürlich hat auch die Kunst der Aufklärung, hat auch diese Ausstellung ihre Capolavori. Houdons Büste des Komponisten Christoph Willibald Gluck gehört ebenso dazu wie Thomas Gainsboroughs Bild der «Marsham-Kinder», etwas versteckt entdeckt man auch vier kleine, grosse Leinwände von Goya-Nachfolgern: Die «Hinrichtung einer Hexe», «Duell», «Betender Mönch», «Der Verwundete». Mit Goya selbst, mit seinen «Desastres de la Guerra» ist man dann nicht nur im Ausstellungskapitel «Nachtseiten», sondern auf dem ureigenen, begrenzten Feld der Kunst der Aufklärung, das unbegrenzte Auftritte erlaubt: der Grafik. Hier wird die «lichtwendige Energie», mit der sich der Aufklärungswille gegen das Chaos stemmt (Aby Warburg), am intensivsten sichtbar. Dass die Grafik eine dem Schreiben ähnliche Argumentationsweise praktiziert, wozu auch der Seriencharakter gehört, macht ihren zwischen Information, Emotion und Agitation liegenden Charakter und Reiz aus. Von Goya, der den Furor des entfesselt mordenden, vergewaltigenden Menschen vorführt, über Hogarth, der in «A Rakes Progress» das Wirken des bürgerlichen Monstrums mit einem zynischen Lächeln karikiert, bis hin zu Chodowiecki, der im Rahmen der pädagogischen Traktate und Taschenkalender die kleinbürgerlichen Vorstellungen von Moral und Anstand illustriert (wenn auch leider nur im Katalog), ist die Grafik, nicht zuletzt durch die Macht der Verbreitung, die den Absichten der Aufklärung adäquateste Kunst.